kurz & knapp

aus folker #04-2024

9. Dezember 2024

Lesezeit: 43 Minute(n)

Richie Arndt Tennessee & Alabama (Fuego)

Was verbindet Hille in Ostwestfalen und Memphis in Tennessee? Richtig: ein Mann mit großer Stimme und Gitarre. Der mehrfach ausgezeichnete Blueser Richie Arndt musiziert erneut „Songs along the road“, nach seinem Mississippi-Album 2015 und weiteren Veröffentlichungen, die seine große Liebe zur amerikanischen Musik bestens dokumentieren. Starke Covers von Paul Simons „Graceland“ oder Tina Turners „Nutbush City Limits“.

Rolf Beydemüller

P. P. Arnold Live In Liverpool (EAR Music)

Seit Mitte der Sechziger ist P. P. Arnold als gefragte Backgroundsängerin auf etlichen Alben von Eric Clapton, Rod Stewart, Ike und Tina Turner, Mike Jagger und vielen anderen zu hören. Eine im Jahr 2019 veröffentlichte Soloplatte war Anlass für eine Tournee, aus deren Schlusskonzert diese Liveaufnahme entstand. Grandioser Soulgesang voller Klarheit und Wärme, mit einer fantastischen Band im Rücken.

Achim Hennes

Árstidir Vetrarsól (Area Entertainment)

In zwölf sorgfältig ausgewählten Liedern reduzieren die drei Isländer sich erstmalig ganz auf den Klang ihrer Stimmen – mit großer Wirkung. Die Harmonien muten teilweise an wie jahrhundertealter Mönchgesang, tatsächlich stammen die traditionellen isländischen Stücke aus einer zeitlichen Spanne zwischen dem Mittelalter und dem 20. Jahrhundert. Zu allen enthält das Booklet nähere Infos.

Imke Staats

Aylin’s Soulgarden Bu Bir Demdir (CPL-Music)

Auf seinem Debütalbum hat das in Augsburg beheimatete Quartett neun Titel versammelt, deren Texte im Wesentlichen von alevitischen Mystikern stammen. Die Musik spiegelt dies durch einschlägige Instrumente wie Bağlama und Tenbur. Pop-, Elektronik- und Jazzelemente steuern Girisha Fernando an Bass und Gitarre sowie Paul Etschberger am Keyboard bei.

Ines Körver

Jack Badcock Cosmography (Eigenverlag)

Der Sänger der Gruppe Dallahan hat für sein Solodebüt hart gearbeitet und liefert ein Album mit erwachsenem Akustikpop und Swingelementen. Erstaunlich, ist doch gefühlt die halbe schottische Folkszene zumindest gesanglich vertreten. Texte mit Tiefgang und Lieder mit Bläsersätzen und orchestralen Passagen. Der beste Song „How You Raise A Child“ jedoch ist rein akustisch und mit den erwähnten Stimmen der Szene.

Mike Kamp

Kai Becker Stringaddiction – The String Theory, Part III (Plattenfirma to go)

Über sechs Jahre hat der Wuppertaler Gitarrist an der Vollendung seiner „String Theory“ gearbeitet. Mit Stringaddiction legt er nun Teil drei vor. Akustische Gitarrenmusik in allen erdenklichen Spielarten, von der traditionellen Steelstring bis zur Slidegitarre ist alles vorhanden. Mal folkrockig, dann eher bluesbetont, viele Stücke besitzen stark improvisatorischen Charakter. Ein interessantes, vielgestaltiges Werk.

Rolf Beydemüller

Sascha Bendiks Leichtes Gepäck (Timezone Records)

Sascha Bendiks aus Freiburg bewegt sich in mehreren Genres: Sprecher, Texter und Komponist für die Bühne, Rocker und Liedersänger. Zehn Lieder als Querschnitt durchs Leben. Flucht aus der Kleinstadt, Wiedersehen mit dem Erbe der Vergangenheit, Reflexionen über das Leben, über unauffällige Schattenmenschen und die Melancholie der Nacht. Es sind rockige, griffige Songs. Da hat einer gelebt und man hört’s.

Rainer Katlewski

Amanda Bergman Your Hand Forever Checking On My Fever (Cow Cow)

Amanda Bergman kommt aus Dalarna in Schweden, dieser Gegend voller musikalischer Traditionen. Aus denen schert sie allerdings aus, schreibt und singt auf Englisch über den schwierigen Alltag. Schöne Titel, „Wild Geese, Wild Love“! Perfekter internationaler Songwriting-Mainstream, gut zu hören, leider verdient das Album einen Preis für das unlesbarste Cover der Saison.

Gabriele Haefs

Jana Berwig Baby, ich nehm dich mit (Eigenverlag)

Lieder mit süffiger Melancholie ohne Larmoyanz gibt es von der Wahlberlinerin Jana Berwig, die aus ihrer Lebenssituation, dem Umfeld und ihren Empfindungen die Inspiration für ihre Texte bezieht. Wenn frau sich so durch die Lebensmitte schlägt, gibt es Hochs und Defizite, Fragen und Sehnsüchte, und davon handeln ihre intensiven Lieder. Mit ihrer klaren Stimme besingt sie mit Poesie unklare Lebensumstände.

Rainer Katlewski

John Blek Cheer Up (K+F Records)

Wären die düsteren Texte eine Beschreibung des gegenwärtigen Zustands von John Blek, müsste man sich Sorgen um den irischen Songwriter machen. Er gibt aber an, dass die Lieder seines neunten Albums ein Blick in die Vergangenheit seien. Sie sind wie aus einem Guss, die Musik stimmt nachdenklich, aber nicht unbedingt traurig. Zahlreiche musikalische Gäste mit dichten Arrangements machen das Album rund.

Almut Kückelhaus

Bridge City Sinners In The Age Of Doubt (Flail Records)

Aus Portland kommen die Bridge City Sinners und auf ihrem neuen Album präsentieren sie gleich vierzehnmal Dark Folk gemischt mit Punk. Das funktioniert wunderbar, wie man an Songs wie „Break The Chain“ oder „Crazy“ hören kann. Cooler Swing, eine freche Stimme und grandiose Melodien.

Wolfgang Weitzdörfer

Bring That Thing Beyond The Night (Acoustic Concerts Berlin Records)

Das Berliner Quintett um die beiden Sänger Fares Mokrani und Friedrich Barniske stellt ein sehr gelungenes Debüt vor. Chanson, Blues, Swing mischen sich mit nordafrikanischen Einflüssen zu swingender Weltmusik. In Englisch, Französisch und besonders poetisch in algerischem Arabisch gesungen, hallen ihre Lieder über die Nacht hinaus lange nach.

Martin Wimmer

Carolin No On & On (Manda Records)

Ein sehr vielschichtiges Album legen das Musikerehepaar Carolin und Andreas Obieglo alias Carolin No vor. Die Songs werden zum Teil musikalisch eng durch längere Zwischenspiele miteinander verwoben. Sphärenklänge, schnelle Beats, bayerischer Dialekt und das gregorianische „Da Pacem Domine“ als Friedensgebet wechseln mit Sprechgesang, sparsamer Liedbegleitung und Klaviermusik. Ganz außergewöhnlich.

Rainer Katlewski

Sophie Chassée Attachment Theory (Roof Records)

Songs mit starkem Popappeal und eingängigen Hooklines. Die gebürtige Neusserin hat sich ihre Meriten als Musikerin in der Liveformation von AnnenMayKantereit verdient. Neben ihrer ausdrucksstarken Stimme spielt Chassée eine verdammt geile Gitarre. Sie besingt Verluste, gebrochene Herzen und erinnert sich in den dunkelsten Momenten an die schützenden Sterne, im Innen, wie im Außen.

Rolf Beydemüller

Flavia Coelho Ginga (PIAS)

Die seit 2006 in Paris lebende und mit Musikern von dort agierende Singer/Songwriterin aus Rio de Janeiro führt auf nunmehr fünf, allesamt in der Diaspora entstandenen Alben soliden Global Pop vor. Dabei brachte sie von Anfang an recht geschickt Rootsiges ihrer reichhaltigen Heimat mit Popmusik (zum Beispiel Baile Funk) zusammen und etablierte so eine der wichtigsten europäischen „Außenfilialen“ der Música Popular Brasileira.

Katrin Wilke

Colbinger Sünde. Pilger & Rebell Part II (DMG Germany)

Das neue Album des Allrounders ist wie ein Gesellenstück: eine runde Sache, handwerklich versiert, variantenreich, individuell, schlau, gut arrangiert – und rein akustisch. Und alles an und um die zehn Stücke und zwei Bonustracks hat der aus Bayern stammende Sänger, Lyriker und Gitarrist selbst gemacht. In seinen knackigen deutschen Texten zeigt sich der gute Beobachter.

Imke Staats

Greg Copeland Empire State (Paraply Records)

Stilistisch schwer festzulegen und am ehesten noch mit „Americana“ ist die Musik von Greg Copeland zu beschreiben. Dies allerdings mit experimentellem, teils psychedelischem Einschlag, so das Stück „Coyote“, welches nur aus Tierlauten in der Nacht besteht, oder das hypnotisch-spröde „We The Gathered“. Traditioneller klingt es dann bei „4:59:59“ mit einer hinreißend gespielten Violine von Sara Watkins.

Achim Hennes

Jan Cornelius Tweespraak bi Nacht (Artychoke)

Er liefert regelmäßig ab, der große Liederpoet aus Ostfriesland, verlässlich auf lyrisch und musikalisch hohem Niveau – auf seinem 21. [!] Album im fünften Jahrzehnt seines Wirkens. Sehr persönliche, plattdeutsche Lieder über Zwiegespräche mit dem Mond, Spaziergänge in der Morgenstunde und über das Heimkommen. Angenehme Stimme, gekonntes Picking, stimmungsvolle, songdienliche Arrangements und mit Christa Ehrig (unter anderem Cello) und Klaus Hagemann (A- und E-Gitarren) ein kompetentes Backingduo. Vierzehn Songs – vierzehn Seelentröster!

Ulrich Joosten

Brock Davis Everyday Miracle (Raintown Records)

Songwriter-Country von der rockigen Seite der Straße. Mit viel Seele produziert, persönliche, meist positiv gestimmte Texte. Es geht um sexuelle Übergriffe am Arbeitsplatz. Um die Frage, wie das Kind mit der neuen Freundin des Papas zurechtkommt. Aber auch Partyflieger-Hymnen, die Richtung Ballermann gut aufgehoben wären, kann der Kanadier.

Martin Wimmer

Denver Cuss Leaving Me (Broken Silence)

Nostalgisch und doch aktuell: Die britische Sängerin und Songwriterin stellt sich auf ihrem ersten Album als Soulsängerin im Stil der Sechziger vor. Im Soul überzeugt das Gefühl – so ist es bei den neun Songs: warme Stimme, weiche Akkorde auf der Orgel, sanfte Bläsersätze, coole Rhythmusgruppe und alles wunderbar entspannt. Passend der warme Sound – so kuschelig wie in den großen Zeiten des Souls.

Udo Hinz

Danish String Quartet Keel Road (ECM New Series)

„Kielwasser“ heißt das neue Album des dänischen Quartetts, und der Name ist Programm – es wird sozusagen aufgefischt, was hinter der Volksmusiktradition rund um die Nordsee herumschwimmt, und das ist spannend und mit jedem Stück erneut überraschend. Tradition und Klassik begegnen sich, beispielhaft in Gestalt des irischen Harfners Carolan, der seinerzeit mit dem italienischen Komponisten Corelli zusammentraf.

Gabriele Haefs

André de Cayres Septeto Família (Do Arco Records)

Der lange in Deutschland lebende Bassist debütiert hier nach vielen Alben als Sideman unter eigenem Namen. Die acht Tracks fußen auf diversen Traditionen seiner Heimat Brasilien – nicht nur auf dem Samba, der gerne zuerst oder allein assoziiert wird mit dem Jazz, der zweiten wichtigen Achse des Albums. Das ist instrumentell und atmosphärisch vielgestaltig, hier und da versehen mit nonverbaler Gesangstextur.

Katrin Wilke

DeeLinde & Emiliano Sampaio DeeLinde & Emiliano Sampaio (Session Work Records)

Cello (deeLinde) plus Gitarre und Posaune (Sampaio) sowie Gesang (beide) ist eine ungewöhnliche Kombination für ein Duo, erst recht für ein in großen Teilen brasilianischer Musik gewidmetem Album. Aber Musik überwindet bekanntlich Grenzen, wie hier die Musikkulturen von Österreich und Brasilien. Das Ganze hat tendenziell einen kammermusikalischen Touch, auch wenn deeLinde öfter mal jodelt.

Hans-Jürgen Lenhart

Die Seilschaft Samurai 30/7 (Eigenverlag)

Dreißig Jahre nach Gundermanns Der 7te Samurai spielte seine damalige Band dieses Album noch einmal neu ein mit Sänger Christian Haase und Gastmusikern wie Wolfgang Niedecken (BAP) und Uwe Hassbecker (Silly). Die Lieder wirken jetzt leiser und gereifter als damals. Viele der Themen sind noch heute hochaktuell, wie etwa „Ich mache meinen Frieden“ und lassen viel Raum für Interpretation und Fantasie.

Reinhard „Pfeffi“ Ständer

Diverse Bardentreffen 2024 (Folk Galore)

Beim Nürnberger Weltmusikfestival lag der Schwerpunkt in diesem Jahr auf dem Mittelmeerraum. Dem lassen sich die meisten der achtzehn Acts auf diesem Album zuordnen. Die Reihenfolge ist gut abgestimmt, die Musik zeigt viele Farben, ist überwiegend tanzbar. Gegen Ende der 73 Minuten [!] Spielzeit finden sich ein paar langsamere Nummern. Auch wer im Juli nicht dabei war, kann an diesem Album Freude haben.

Almut Kückelhaus

Philipp Eisenblätter Rom (Grundsound)

Rom ist ein kleines, feines Singer/Songwriter-Album, auf dem Philipp Eisenblätter seine Einflüsse nicht verbergen will. Warum sollte er auch? Es gibt Schlimmeres als mit Nick Cave verglichen zu werden. Die zehn Songs sind kleine Geschichten, die man sich gerne auch zehnmal anhört. Sauber produziert von Stoppok, der auch zu hören ist.

Wolfgang Weitzdörfer

Driss El Maloumi Trio & Watar Quintet Details (Contre-Jour)

Der aus der Zusammenarbeit mit Ballake Sissoko und Rajery als 3MA bekannte Oudvirtuose Driss El Maloumi hat hier zu seinen beiden Percussionisten fünf Streicher hinzugenommen, um den Klang der klassischen arabischen Musik mit der der westlichen Klassik zu verbinden. Das Ergebnis der zweijährigen Arbeit ist eine hörenswerte Begegnung. Thematisch kreist das Album um die kleinen Details des Alltags.

Christoph Schumacher

Bjarke Falgren & Sönke Meinen The Circle (Neue Meister)

Gitarrist und Geiger aus Schweden und Dänemark, schon hochgelobt und mit Preisen ausgezeichnet, legen nun ihr zweites Album vor. Es sind eigene Kompositionen, die oft auf Reisen entstanden sind, wobei vor allem Schottland sehr inspirierend gewirkt haben muss. Allein der Titel „Falls Of Measach“ setzt doch im Kopf der Hörerin Melodien frei, und die echten auf diesem Album können sich mit jeder Fantasie messen.

Gabriele Haefs

Federica Ferrari Silêncio (ATS-Records)

Die italienische Sängerin hat sich der Musik des brasilianischen Altstars Edu Lobo angenommen. Heraus kamen jazzinspirierte, meist balladeske Stücke, die ihre Melancholie von der Mundharmonika und dem Vibrafon her beziehen. Einige Male darf sich die Band aber auch austoben, und da steigt Ferrari mit Unisonogesang ein, was überzeugt. Dem Meister Edu Lobo hat es angeblich gefallen.

Hans-Jürgen Lenhart

Flo Islas (Trad Records)

Gitarristisches Inselhopping mit Flo aka Florian De Schepper. Der belgische Steelstringgitarrist, bekannt durch seine musikalische Arbeit in den Formationen Bogus und Broes, hat sich 2022 Rucksack und Gitarre geschnappt um zehn Inseln zu besuchen. Mitgebracht hat er luftige, sonnige Impressionen, die Wärme und Gelassenheit ausstrahlen. Benannt sind sie schlicht nach den besuchten Orten: „Kreta“, „Sicilia“, „Tenerife“ …

Rolf Beydemüller

Frollein Smilla Keep Smiling (T3 Records)

Diese Band mixt sehr geschickt aus Funk, Jazz, Soul, Pop und romantischen Balladen ein schwungvolles und sehr eigenes Programm, das zum Zuhören so gut geeignet ist wie zum Tanzen. Der Titel weist hin auf die mithin unschönen Herausforderungen des Lebens, die es mit Lebenslust zu meistern gilt. Der rhythmische Pop und die klugen, lustigen und etwas bösen Chansons, die mit einer Punkattitüde aufgefrischt sind, machen Spaß.

Imke Staats

Beppe Gambetta Terra Madre (AMSC)

Der „Altmeister“ der Flatpickerszene legt sein neuestes Werk vor. Längst klingt nicht mehr alles traditionell amerikanisch. Der Neapolitaner Gambetta wechselt souverän zwischen italienischem und englischem Idiom, musikalisch und sprachlich. Er hat, wie so oft, illustre Gäste der amerikanischen Folkszene mit an Bord wie zum Beispiel Dan Crary oder David Grisman. Ein gereifter Gambetta, der nichts mehr beweisen muss.

Rolf Beydemüller

Gesangskapelle Hermann Sehr Sogar (Omdrom Music)

Das fünfte Album der fünf Wiener Sänger ist eigentlich kein A-cappella-Album. Ganz ohne weitere Instrumente kommen sie nicht aus. „Wir gewinnen mehrere Grammys, es wird in jeder Zeitung stehn.“ Da sind sie sich sicher. Und dann verkaufen sie ihrer Verwandtschaft zehn CDs. Leicht verschätzt haben sie sich. Sehr sogar! So richtig ernst nehmen sich die Herren mit ihrem Pop, Schlager, Hip-Hop und Humor nicht.

Martin Steiner

Michael Graefe Human Made Guitar Music (Relax Records)

Der Gitarrist Michael Graefe aus Elmshorn veröffentlicht auf eigenem Label sein mittlerweile sechstes Album. Mit dem titelgebenden Seitenhieb auf die zunehmende Gefahr KI-generierter Musik macht er deutlich worum es ihm geht: handgemachte Musik auf akustischen Saiteninstrumenten. Das ist nicht nur handgemacht, sondern sehr seelenvoll musiziert. Folkige Instrumentals, ideal für den entspannten Ausklang eines arbeitsreichen Tages.

Rolf Beydemüller

HASA – Spacepop from Dåhanna 1st Allbum (Broken Silence)

„Licht aus, Spot an!“, mag man Ilja Richter sagen hören, denn es ist Disco, was man hier hört, außerdem Soul, Funk und Reggae, wie in den guten alten Siebzigern – allerdings auf Schwäbisch. „HASA“ steht für „Heiners All-Star-Attraktion“. Die Herrenberger nehmen sich nicht allzu ernst, sondern bieten eine fröhliche spacige Partymusik, ähnlich den Höhnern aus Köln.

Michael A. Schmiedel

Rob Heron & The Tea Pad Orchestra Feet First (Tea Pad Recordings)

Sofort kommen einem die wunderbaren Cherry Poppin’ Daddies in den Sinn, wenn man die vierzehn neuen Songs von Rob Heron und seinem Tea Pad Orchestra anhört. Schmutziger Swing mit Ohrwurmcharakter wird hier geboten. Und das in nur knapp vierzig Minuten.

Wolfgang Weitzdörfer

Cary Hudson Ole Blue (Old Trace Records)

Mit seiner Band Blue Mountain gehörte Cary Hudson zu den Mitbegründern des Alternative Country, und genau diese stimmungsvolle Mischung aus Country, Folk, Blues und Rock ’n’ Roll zeichnet auch das Album Ole Blue aus. Ein Singer/Songwriter aus dem Süden der USA, exzellenter akustischer Gitarrist, der sich hier die Gesangparts mit seiner ebenso talentierten Tochter Anna teilt.

Achim Hennes

Christian Lee Hutson Paradise Pop. 10 (ANTI-Records)

Auch wenn Hutson die elektrische Gitarre gerne mal aufdreht und es richtig krachen lässt, ist er ein Songschreiber, der sehr intensiv von historischen Folksongs eines Woody Guthrie oder einer Elizabeth Cotton beeinflusst wurde. Das ehemalige Mitglied der Driftwood Singers hat sich bei seinem dritten Soloalbum vom Lo-Fi-Sound seiner früheren Alben emanzipiert und erfreut sich nun an ausladenden Arrangements und ausgefeilter Aufnahmetechnik.

Michael Freerix

Ink African Roots (Jazzin’ Translation)

Die zwölf Stücke auf dem zweiten Album des französischen Jazzquartetts werden durch zwei Musiker aus Burkina Faso vorrangig rhythmisch bereichert. Je selbstverständlicher diese mit ihren Instrumenten in den Klang integriert werden, desto stärker geht das Konzept auf, dem modernen Jazz afrikanische Wurzeln wachsen zu lassen. Leider steht das virtuose Spiel dem gemeinsamen Musizieren mitunter im Weg.

Christoph Schumacher

Maria João & André Mehmari Algodão (Galileo-MC)

Lusofonie vom Feinsten zelebrieren hier die stets kapriziöse Lissaboner Charaktersängerin und der virtuose Pianist aus Rio, der hier auch diverse andere Instrumente spielt. Beide, zwei Generationen angehörend, bewegen sich von jeher gekonnt und kreativ zwischen Jazz und den heimischen Traditionen und somit auch hier in diesem ersten, hörbar verständnisvollen Miteinander wie Fische in vertrautem Gewässer.

Katrin Wilke

Sverre Indris Joner & The Cuban Opera Orchestra feat. Carlos del Puerto Clasicos A Lo Cubano – Live In Havana (Galileo-MC)

Die Idee, klassische Musik in andere Gewänder zu kleiden, ist alles andere als neu oder innovativ. Das, was hier aber live abgeliefert wird, macht Spaß. Denn es sind absolute Könner am Werk, die ihre jazzigen und vom kubanischen Rhythmus beeinflussten Versionen etwa von Mozarts „Eine Kleine Nachtmusik“ meisterhaft vorbringen.

Wolfgang Weitzdörfer

Brian Junker-Latocha Rhythm & Rhyme (Eigenverlag)

Im Vergleich zum professionellen Wettbewerb in Summe dann doch etwas unbedarfter Folkpop des Songwriters aus Florida, der in Offenbach lebt. Talent und Engagement sind vorhanden, aber es wird nicht recht klar, wofür er jetzt eigentlich steht.

Martin Wimmer

Kommuna Lux Odesa FM (Eigenverlag)

Das siebenköpfige Kollektiv sagt im Titel des Tonträgers bereits, worum es geht: um ukrainisch, russisch und vom Klezmer geprägte, akustisch vorgetragene und meist schwungvolle Gassenhauer aus der Schwarzmeermetropole. Das Booklet ist überdurchschnittlich informativ und sehr liebevoll gestaltet. Gewöhnungsbedürftig, vielleicht sogar überflüssig sind die eingestreuten fingierten Radiobeiträge.

Ines Körver

L’art de Passage Horizon (Buschfunk)

Bereits 1987 in der DDR als Jazzband gegründet, bieten Tobias Morgenstern (Akkordeon), Stefan Kling (Piano) und Wolfgang Musick (Bass) nebst Streichquartett eine Mischung unterschiedlichster Stile von Tango über Musette, Klassik, Folk, Samba, Elektro bis Minimal als Instrumentaltitel, aber auch einen Song aus Babylon Berlin, gesungen vom preisgekrönten Schauspieler Christian Friedel.

Reinhard „Pfeffi“ Ständer

Sarah Leanne Seasons (Dreamy Records)

Die junge Songwriterin legt hiermit ihr erstes Album (33:00) vor. Sarah Leanne singt auf Englisch über das Leben, Beziehungen und Befindlichkeiten. Ihre angenehme Singstimme passt zum reflexiven Eindruck, den die Texte vermitteln. Die Begleitung wird von Tasteninstrumenten getragen, akustisch und elektronisch. Das Album bietet einschmeichelnde Klänge, von denen aber kaum etwas im Gedächtnis bleibt.

Almut Kückelhaus

Lolly Lee Lolly Lee (Admiral Bean Records)

Im Alter von 63 Jahren legt die Musikerin aus Birmingham, Alabama, nun ihr Solodebüt vor, nachdem sie jahrzehntelang in Bands aktiv war. Ihre Songs reichen von schleppenden Countryrockballaden, gewürzt mit Mandoline und Lap Steel, bis zu erdigem Rock. Lucinda Williams könnte eine Schwester im Geiste sein, auch was die leicht angeraute Stimme betrifft. Also: spätes Debüt, gut gereift.

Volker Dick

Bob Leslie Red Roses On A Cold Blue Morning (Big Red Records)

Der schottische Singer/Songwriter-Veteran Bob Leslie verzichtet auf seinem neuen Album so gut wie völlig auf heimische Einflüsse und kommt eher amerikanisch rüber mit Bluegrass- und Ragtime-Einflüssen. Überhaupt klingen die Lieder und (oft humorvollen) Texte wie in der Tradition amerikanischer Größen wie Paxton oder Lehrer. Reife Lieder eines reifen Künstlers, und das ist positiv.

Mike Kamp

Sam Lewis Superposition (Loversity Records)

Der amerikanische Singer/Songwriter bewegt sich geschickt zwischen Dreampop, psychedelischen Sounds und trotz seiner zurückhaltenden Stimme schnulzigen Melodien mit viel Echogitarre. Manchmal hört man auch die Fünfzigerjahre durch. Voller dahinschwebender Klänge und trotz einiger scheppernder Titel sehr relaxt.

Hans-Jürgen Lenhart

Lind De Leit (CPL-Music)

Der spätestens seit Hüsch! bekannte Jenaer Folkmusiker Tim Liebert alias Doc Fritz an der Waldzither gründete mit Cellist Benni Gerlach und Saxofonist Karl Helbig dieses Trio, das auf der Basis von traditioneller Folklore ein ungewöhnliches, virtuoses Klangerlebnis schuf, voller Spielfreude und Melancholie. Die Texte reichen vom Wirtshauslied über den Lindenbaum bis zum Klimawandelproblem in „Flut“.

Reinhard „Pfeffi“ Ständer

Lindigo Oyé Maloya (Hélico)

Mit ihrem achten Album feiert Oliver Arastre mit seiner Band Lindigo von der Insel La Réunion nun schon 25 Jahre Maloya-Musik. Diese entsteht, beeinflusst vom Klang Westafrikas und Madagaskars, überwiegend aus traditioneller Percussion und kreolischem Gesang. Ein Grund für die Energie und Lebensfreude dieser Aufnahmen ist der Nachwuchs der Gründereltern, der inzwischen lautstark mitmischt.

Christoph Schumacher

Lassi Logrén Jouhikko (Uniarts Helsinki)

14 Songs auf der mittelalterlichen Streichleier, der titelgebenden Jouhikko, präsentiert Lassi Logrén, der schon seit den 90er Jahren in der finnischen Folk-Szene aktiv ist. Die Songs richten sich ganz klar an ein spezielles Publikum, das an der Auswahl allerdings seine Freude haben dürfte. Eine Nischenproduktion, in die hinein zu schnuppern sich lohnen könnte – entsprechende Offenheit vorausgesetzt.

Wolfgang Weitzdörfer

Claire Luzi Ce Corta-Jaca (La Roda)

Die französische Mandolinistin und Sängerin hat auf ihrer EP eine Mischung aus brasilianischem Choro und französischer Chansontradition entwickelt. Manchmal gibt es Stücke, die auch als Minimal Music gehört werden könnten. Insgesamt recht eigenwillig. Interessante Ideen, die ihre manchmal etwas dünne Stimme wettmachen.

Hans-Jürgen Lenhart

Momi Maiga Kairo (Microscopi)

Auf seinem zweiten Album ist dem senegalesischen Musiker und Komponisten Momi Maiga wieder eine faszinierende Verschmelzung westafrikanischer Rhythmen mit Jazz und Flamenco gelungen. Er singt in Mandinka und Wolof von Frieden und Glück, aber auch von den Gefahren der Flucht über das Meer. Musiker an Geige, Cello und Schlagwerk aus seiner Wahlheimat Katalonien tragen zum harmonischen Gesamtklang bei.

Christoph Schumacher

Yacine Malek Double Trio Live In Paris (Another Two)

Hochklassiges Jazzalbum des französischen Musikers. Der Pianist und Komponist Yacine Malek spielt mit einem Drummer und einem Bassisten zusammen. Alle haben in den sechs bis acht Minuten langen Stücken hinreichend Gelegenheit, sich zu entfalten. Die Liveatmosphäre hat sie offenbar beflügelt: Neben technischer Brillanz gibt es großen Ideenreichtum und traumhaft enges Zusammenspiel zu bewundern.

Almut Kückelhaus

Maliki World Orchestra Prima Di Tornare A Casa (Maliki Music)

Die neunköpfige Gruppe begibt sich musikalisch und stilistisch auf eine Weltreise. „Prima Di Tornare A Casa“, bevor sie nach Hause zurückkehren, besuchen sie Afrika, Lateinamerika, den Balkan und die arabische Welt. Für die Sängerin Chiara Raimondi ist Italien ihr Zuhause. Die weiteren Bandmitglieder kommen aus Mazedonien, Venezuela, Mexiko, Libanon und Deutschland. Grenzen sind zum Überschreiten da.

Martin Steiner

Fred Marot Same (Eigenverlag)

Das Debüt von Fred Marot kommt ganz pur daher, nur Gitarre und Stimme. Jahrelang hat er in Coverbands gespielt und seine eigenen Songs ganz für sich komponiert. Seine etwas brüchige Stimme prägt sich leicht ein, was den sehr destillierten Sound des Albums ausmacht – jedes Wort ist leicht zu verstehen und von einer beeindruckenden Klarheit, wie sie heute selten zu hören ist.

Michael Freerix

Michael McDermott Lighthouse On The Shore/East Jesus (Pauper Sky Records)

Nicht weit vom Sound seiner ersten Sessions 1991 entfernt, präsentiert sich der erfahrene Heartland-Rocker in Topform und bleibt der weithin geschätzten hohen Qualität seines Songwritings treu. Ausgeglichenes Doppelalbum mit einer nachdenklich-akustischen, einer bombastisch-elektrischen Seite, konzipiert um das Thema Liebe und Leben nach dem Alkoholentzug.

Martin Wimmer

Mean Mary Woman Creature – Portrait of a Woman, Part 2 (Woodrock Records)

Beim neunzehnten Studioalbum in der Karriere von Mary James handelt es sich um eine Familienangelegenheit. Bruder Frank steht der Multiinstrumentalistin musikalisch zur Seite, Mutter Jean hat die Texte zu sechs Stücken beigetragen. Die fast acht Minuten lange Mörderballade „Murder Creek“ hat die US-Amerikanerin aus Alabama jedoch allein erdacht – ein Höhepunkt des stimmungsvollen Folkalbums.

Volker Dick

Michael Menager Line In The Water (Eigenverlag)

Songwriter von der US-Westküste, der nach seinen Jahren im Ashram seit 25 Jahren in Australien lebt und dem man glaubt, wenn er Panoramen von Weite und Freiheit entfaltet. Sparsam instrumentiert, erzählt er nostalgische Geschichten mit religiösen Untertönen. Sein Blues ist tief empfunden und ohne aufgesetzte Attitüde.

Martin Wimmer

Meretrio 20 Years (Session Work Records)

Auch wenn man zunächst nur die jazzigen Improvisationen wahrnimmt, merkt man schnell, dass diese drei Musiker aus Brasilien kommen. Zaubereien auf der Nylongitarre, die typischen Rhythmen hier und die melancholischen Harmonien dort im Wechsel mit vertrackten Strukturen, eine antreibende Posaune – brasilianischer Jazz hat nun mal eine eigene Sprache.

Hans-Jürgen Lenhart

Michell, Pfeifer & Kulesh Flowers (Eigenverlag)

Drei begnadete Sängerinnen aus England, Deutschland und Russland taten sich währen der Pandemie zusammen und entdeckten, dass nicht nur ihre Stimmen wunderbar harmonieren, sondern auch den Reiz ihres internationalen Repertoires mit friedenspolitischem Schwerpunkt. Sie spielen die meisten Instrumente selbst, freuen sich aber auch über Gäste wie Phil Beer (Violine). Selbstgeschrieben und traditionell.

Mike Kamp

Ahmed Moneka Kanzafula (Lulaworld Records)

Vor knapp zehn Jahren musste der Sänger Ahmed Moneka aus seiner Heimatstadt Bagdad fliehen, weil er in einem Film für Schwulenrechte eintrat. Im Exil in Kanada nahm seine Karriere unerwartet Fahrt auf. Mit einem knappen Dutzend Mitmusikern aus Toronto sowie der Khizran Band aus Basra nahm er nun flotte irakische Klassiker und Eigenkompositionen auf.

Ines Körver

Lea Morris Ordinary Magic (Eigenverlag)

Die Singer/Songwriterin mit der großen Stimme liefert mit ihrem bereits neunten Album elf neue eigene Songs und zwei Gospelstandards im Spannungsfeld von Folk, Blues, Soul und Americana, eingespielt mit einer Riege exzellenter musikalischer Gäste aus Deutschland und den USA. Wunderbare Lieder über das Suchen und Finden und die Magie, die im Alltäglichen schlummert. Morris weckt diese Magie mit ihrer zauberhaften Stimme. Ein großartiges Album.

Ulrich Joosten

Danni Nicholls Under The Neem Plum Tree (Danni Nicholls Music)

Fünf entspannte Covers von „My Happiness“, „Blue Bayou“, „Crazy“, „Tennessee Waltz“, „Can’t Help Falling In Love“ und drei Originale, die sich nahtlos einfügen. Könnte völlig belanglos sein, aber die Engländerin verfügt über eine herausragende Stimme und die reduzierten, in Steelgitarren badenden, nie langweiligen Arrangements rücken das Album nach vorn im Stapel. Hört man gern an.

Martin Wimmer

Maria Nikola Colors Of The Harp (Eigenverlag)

Abends geschafft heimkommen, einen Tee oder Whisky einschenken, diese CD einlegen, die Füße hochlegen, die Augen schließen und sich durch Klänge der keltischen Harfe entführen lassen, bis man sie als Farben sieht. Maria Nikola aus Passau spielt ansonsten bei Heiter bis Folkig und beim Dúo El Mar, zeigt hier aber solistisch ihr Können. Traumhaft!

Michael A. Schmiedel

Björn Nonnweiler Vergissmeinnicht (Timezone Records)

Aus Hagen, dem Tor zum Sauerland, zieht Björn Nonnweiler als traditioneller und traditionsbewusster Liedermacher mit seiner Gitarre durchs Land. Er singt ruhige, besinnliche Lieder, biografisch geprägt, an Vorbildern orientiert, mit einem Antikriegslied beginnend. Geschichten, die von der Großelterngeneration über das Älterwerden bis zum Wunder des eigenen Nachwuchses einen Bogen spannen.

Rainer Katlewski

Ashley E. Norton Call Of The Void (Eigenverlag)

Sehr gefälliger Country-Americana-Mix, den Ashley E. Norton mit ihrer Band auf ihrem neuen Album im Angebot hat. Ein wenig Pop ist auch noch dabei und macht Songs wie „Americana To Me“ oder „Baby Blue Jean“ zur idealen Begleitung beim nächsten Barbecue im Garten.

Wolfgang Weitzdörfer

Papa Ralf Es geht nicht immer nur um dich (Eigenverlag)

Recht skurrile, ironische, flotte Songs gibt Ralf Eßwein alias Papa Ralf zu Gehör, und entgegen dem Titel geht es bei seinen Songs selbstredend immer um das eigene „Ich“ der Protagonisten. Das macht natürlich den Umgang mit Partner und sozialem Umfeld schwierig, und es lässt sich trefflich darüber spotten und auch nachsinnen. Als Bonus gibt es noch zwei Lieder vom Papa mit Töchterchen Laora.

Rainer Katlewski

Phønix Nådelands Ø (GO Danish Folk Music)

Wirklich umwerfendes Album des dänischen Quartetts. Alle Lieder stammen aus dem Archiv, sie wurden zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts auf Wachszylinder aufgenommen. Aus mehr als vierhundert Aufnahmen hat Phønix diese ausgewählt und sozusagen aus der Asche aufsteigen lassen. Dabei so altbekannte Geschichten wie die der drei Räuber, die aus Versehen ihre Schwestern umbringen, alles klingt sehr dänisch und traditionell.

Gabriele Haefs

The Po’ Ramblin’ Boys Wanderes Like Me (Smithsonian Folkways)

Gute Laune machen die Po’ Ramblin‘ Boys auf ihrem neuen Album. Und die schaffen sie mit einer in die Beine gehenden Mischung aus Bluegrass und American Folk. Das Banjo setzt Akzente, der Bass pumpt und die Fiddle thront wie ein Schwarm aufgeregter Spatzen darüber. Sommermusik!

Wolfgang Weitzdörfer

Pyrates! Five Years At Sea (Eigenverlag)

Piraten sind in. Aber nur die von früher, als sie noch Dreispitze trugen und die Karibik unsicher machten. Diese britisch-niederländische Band fährt im Kielwasser dieses Trends und bietet bekannte Shantys und andere Seemannslieder vor allem aus britisch-irischer Tradition. Diese singt Frontsänger David Gallows wie ein gut gelaunter Opernsänger.

Michael A. Schmiedel

India Ramey Baptized By The Blaze (Mule Kick Records)

„Wie ich von den Beruhigungsmitteln loskam und was ich dabei über mich selbst erfahren habe“: darum drehen sich die Stücke der Sängerin und Songschreiberin aus Nashville. Verpackt in von Luke Wooten produzierten dunklen Country-Rock-’n’-Roll mit viel Twang, überzeugt India Ramey mit ihrer direkten Art, die Dinge beim Namen zu nennen. Musiktherapie der besonderen Sorte.

Volker Dick

Alan Reid & Brian McNeill Sidetracks (High Hold Productions)

Das höchste Lob ist verdient: Die fast 45 Jahre zwischen der Erstveröffentlichung und heute hört man diesem Album aber auch nicht eine Sekunde an. Die beiden Gründer der Battlefield Band singen und spielen sage und schreibe elf Instrumente. Die Songs und Tunes haben alle deutliche schottische Wurzeln. Eine ausgesprochen willkommene Wiederveröffentlichung.

Mike Kamp

Reiwas Leicht sei (Reiwas Music)

Ganz anders als Wendrsonn aus Württemberg setzen Reiwas aus Oberbayern auf die Leichtigkeit des Lebens. Aber auch hier spielt der Tod eine Rolle, doch der Knochenmann wird gebeten, weiterzugehen und sich woanders umzuschauen. Eingewoben in die bairischen hört man auch lateinamerikanische Töne mit Gesang, Akkordeon, Bass, Gitarre und Schlagzeug.

Michael A. Schmiedel

Christian Rosenau Makramee (Timezone Records)

Ein erstaunliches Debüt als Sologitarrist legt der Coburger Musiker Christian Rosenau vor. Mit hohem Drive, spielerischen Finessen und komplexen Kompositionen fasziniert Makramee vom ersten bis zum letzten Ton. Auch wenn die gitarristischen Vorbilder, wie etwa Don Ross, deutlich auszumachen sind, tut das dem Hörgenuss nicht den kleinsten Abbruch. Der Mann ist übrigens auch ein ausgezeichneter Autor und Lyriker.

Rolf Beydemüller

Sages comme des sauvages Maison Maquis (Capitane Records)

„Allesfresser“ nennen sie sich, das Duo um die Sängerin Ava Carrère und den Multiinstrumentalisten und Sänger Ismaël Colombani. Will heißen: Sie lassen sich inspirieren vom französischen Chanson, von Calipso, Maloya, Reggae und anderem mehr. Sie fühlen sich anarchistisch und wollen, dass ihre Musik dem Publikum Spaß macht, auch wenn so vieles außer Rand und Band geraten ist.

Martin Steiner

Yusuf Sahili Lost In A Crowd (Kulturmanufaktur)

Kein Rootsalbum, sondern gut gemachter Indiepop. Der Singer/Songwriter mit syrischen Wurzeln wurde in Berlin geboren und hat sich intensiv mit westlichem Pop/Rock der letzten Jahrzehnte auseinandergesetzt. Er besitzt eine angenehme Stimme und begleitet sich kompetent auf der Gitarre oder am Flügel, hinzu kommt eine Band. Ambitionierte Produktion mit philosophischen Texten.

Almut Kückelhaus

Hank Shizzoe One More Day (Erb Music)

Der Rolling Stone nannte den Schweizer den besten nicht amerikanischen Rootsrocksongwriter und Gitarristen und fügte an: „Und wenn er von dort käme, wäre er immer noch einer der besten.“ An seine ursprüngliche Heimat erinnert Shizzoes melancholische Americana in keiner Weise. Vom treibenden Rootsrock bis zum sanften „Wayfaring Stranger“ legt er den ganzen Weg zurück.

Martin Steiner

Carmen Souza Port’Inglês (Galileo-MC)

Im Hafen Port’Inglês exportierten die Engländer bis ins neunzehnte Jahrhundert kapverdisches Salz. Carmen Souza singt mit ihren kapverdischen Rhythmen im Jazzgewand über die Beziehungen der Inseln mit Großbritannien. Souza lebt seit sechzehn Jahren in England. Wie auf früheren Alben wurde auch das aktuelle von Theo Pascal schlicht, aber effektvoll produziert. Meist wird Souza nur vom Klavier begleitet.

Martin Steiner

Stark/Linnemann Eroica – Transcending Beethoven Volume 3 (UCM09)

Beethovens „Eroica“ in neuem Gewand, sehr interessant, ziemlich jazzig. Das niederländische Duo Stark und Linnemann, zusammen mit allerlei Studiogästen, zeigt das Werk des großen Komponisten auf neue Weise. So hat man es noch nie gehört, und es ist eine spannende Bekanntschaft. Die beiden haben schon mehr von Beethoven „transzendiert“, ebenso wie Chopin und Liszts „Gassenhauer“ (ihre Worte).

Gabriele Haefs

Erik Stenzel Aufgaben & Taten (Sturm & Klang)

Eine interessante Mixtur aus Pop, Folk und Singer/Songwriter bietet Erik Stenzel auf Aufgabe & Taten. Er erzählt Geschichten aus dem Leben, begleitet von einer akustischen Band, bei der vor allem die Geige von Tatjana Friedrich wichtige Akzente setzt. Die Melodien gehen ins Ohr, die Rhythmen ins Bein – und „Schweigegeld“ bleibt hängen.

Wolfgang Weitzdörfer

Al Stewart Past, Present & Future – 50th Anniversary Edition (Cherry Red Records)

Diese LP war 1974 der Durchbruch für den englischen Singer/Songwriter und ist sein bis heute wohl eindrucksvollstes Werk. Nun als Remaster wiederveröffentlicht finden sich in der Box zusätzlich eine CD mit einem 1974er-Livekonzert plus das Original als Remix und Blu-ray im Surroundsound. Abgesehen von ein paar Bonustracks quasi die gleichen Stücke viermal. Für Hardcorefans.

Mike Kamp

Surrender Hill River Of Tears (Blue Betty Records)

Auf ihrem siebten Album bewegt sich die Band aus Georgia zwischen den Americana-Stilen: Mal drängt Rock nach vorn, dann Country oder Folk. Schmutzige E-Gitarren wechseln sich mit klagender Pedal Steel ab – wie Balladen mit Uptempo-Nummern. Die Stücke des Songschreiber-Ehepaars Robin und Afton Salmon erzählen vom Leben in den reiferen Jahren, von Verlusten, Liebe, Erinnerungen und dem, was dazugehört.

Volker Dick

The Bluest Sky Raindancer (Eigenverlag)

Mit seiner Bean Pickers Union war Songschreiber Chuck Melchin vorzugsweise akustisch unterwegs, jetzt legt er das zweite Album seines aktuellen Bandprojekts vor – das ohne Strom nicht funktionieren würde. So klingt es nach Countryrock mit Wurzeln in den Neunzigern. Wer Wilco mag, könnte sich hiermit anfreunden. Wobei Wilco in Sachen Melodieeinfällen deutlich mehr zu bieten hatten.

Volker Dick

The Doctorella Mondscheinpsychose, Bordsteinneurose (Bohemian Strawberry)

Die singenden Schwestern Kersty und Sandra Grether, musikalisch begleitet von Sascha Rohrberg (Bass, Gitarre) und Daniel Benjamin (Schlagzeug), bleiben in ihrem Noise Pop der klaren Ansage und dem hohen, tiefen, harmonischen und schiefen Gesang treu. Wie einst die Lassie Singers überprüfen sie als Urgesteine des Popfeminismus den Begriff der Schönheit, in ihren Texten vereinen sich Wahrheit und Humor.

Imke Staats

The Imagine If Great Expectations (Factor)

Satter Südstaatenblues aus Kanada? Ja, das funktioniert, wie man unschwer auf Great Expectations hören kann. „Old Shack By The Highway“ oder „Intimacy“ sprechen eine deutliche, aber auch eigenständige Sprache. Und Sängerin Alia Logan erinnert nicht selten an die große Beth Hart. Ein Album für die dunklen Stunden.

Wolfgang Weitzdörfer

Tom Bombadil Folkband Zeiten, die der Irrsinn lenkt (Leiselaut)

Über vierzig Jahre existiert die hessische Band in wechselnder Besetzung und will’s noch mal wissen, mit einem Konzeptalbum zu Ehren der Widerstandskämpfer Carlo Mierendorf und Ludwig Schwamb, Urgroßonkel von Bandmitglied Lothar Schwamb, einer Sammlung antifaschistischer Lieder eingespielt auf Gitarren, Cister, Drehleier, Bass, Dudelsäcken, Akkordeon, Keyboard und vielem mehr. Ein lupenreines, toll gespieltes und gesungenes Deutschfolkalbum.

Ulrich Joosten

Trio Picon & Asal Karimi Oyfn Veg (Umlaut Recordings)

Nicht ganz typischen Klezmer hat sich das Trio Picon mit Gästin Asal Karimi an der Geige auf ihrem Album Oyfn Veg auf die Fahnen geschrieben. Denn zwar ist gerade die Klarinette ja ein typisches Instrument, aber die Songs sind sehr anspruchsvoll und tendieren fast in Richtung Klassik-trifft-Weltmusik-trifft-Klezmer. Tolles Album!

Wolfgang Weitzdörfer

Piet van Dyke Tschoga Zanbil (Manda Records)

Piet van Dyke ist auf seinem Album Tschoga Zanbil (Stufentempel im Iran) ein großer Geschichtenerzähler, der mit langen Liedern, bei sehr zurückhaltender Musik, über vergangene Zeiten, alte Mythen und Figuren etwas über sich und heute erzählen will. Zu Orwell, Walther von der Vogelweide und Suter gesellen sich Cohen, ein übersetzter Song von Dylan (Augustinus) und ein Titel von Reinhard Mey.

Rainer Katlewski

Vigüela We (Mapamundi Música)

Will man den musikalischen Urtraditionen im zentralspanischen Kastilien-La Mancha, Don Quichottes Heimat, auf die Spur kommen, kann dieses 1983 formierte, aktuell zu fünft agierende Ensemble eine gute Hilfe sein. Dass die iberischen Stile und Traditionen historische Verbindungen haben, zeigen etwa die emblematischen Sevillanas „Corraleras De Lebrija“, hier mit dem albumtitelgebenden „We“ überschrieben.

Katrin Wilke

Wishamalii Al-Bahr (Nordic Notes)

Wishamalii ist ein in Finnland beheimatetes Trio. Es besteht aus einer palästinensisch-jordanischen Sängerin und Oudspielerin, einem äthiopischen Percussionisten sowie einem finnischen Pianisten, der sogar das arabische Mikrotonsystem auf seinem Tasteninstrument reproduziert. Die drei spielen eigene und fremde Kompositionen. Dabei knüpfen sie unter anderem an Muwaschschah- und Mawwal-Traditionen an.

Ines Körver

Zephyrus Vagabund (GPArts)

Das Sextett Zeyphyrus hat sich dem experimentellen Klezmer verschrieben. Auf Vagabund gibt es klassischen Klezmer, etwa in „Dorohoi Khusidl“, aber genauso sind da rockige, jazzige und gänzlich verquere Klänge, etwa in „Rachenitsa“. Ein Album für eine offene und experimentierfreudige Hörerschaft. Man muss sich darauf einlassen.

Wolfgang Weitzdörfer

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